Fernsehen bleibt die Nr. 1 – KIM Studie 2016

Nachdem in den letzten Jahren durch verschiedene Studien immer wieder der Abgesang des Fernsehens (gerade auch bei Kindern) beschworen wurde, hört man in den letzten Wochen wieder andere Töne. Die KIM-Studie 2016 des mpfs macht zur Veröffentlichung damit auf, Fernsehen sei bei Kindern die Nummer eins. Trotz zunehmender Ausstattung der Haushalte mit digitalen Medien ist das Fernsehen offenbar nicht totzukriegen.

© fotolia/Sunny studio
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Die repräsentative Befragung bei 1.299 Kindern im Alter von 6-13 Jahren ergibt, dass 77% aller Kinder täglich bzw. fast täglich fernsehen – demgegenüber nutzen in gleicher Frequenz nur 10% die Möglichkeit, Videos im Internet (z.B. auf YouTube) zu schauen. Das lineare Fernsehen hat also nach wie vor einen festen Platz im Medienset von Kindern, auch weil es wichtige Funktionen bedient, die man auch aus der qualitativen Forschung kennt: Fernsehen taktet mit seinem festen Rhythmus den Tagesablauf und bietet dabei in einem geschützten Rahmen (auch mit Hilfe des Jugendmedienschutzes) einen stets verlässlichen Überraschungsmoment. Es dient als Entlastungsmedium und Ladestation für Körper und Geist und kann auf der anderen Seite auch aktivieren. Laut KIM-Studie ist es auch das Gerät, was am wichtigsten ist, wenn das Kind alleine zu Hause ist. Ein signifikantes Abgrenzungsmerkmal des Fernsehens zu anderen Geräten ist die Tatsache, dass man es perfekt auch in mit anderen nutzen kann – ein Gefühl, was Kindern sehr erstrebenswert erscheint.

Doch natürlich entwickelt sich die Digitalisierung der Haushalte weiter und Aufgabe der Sozialforschung ist es nach wie vor, die Folgen der erweiterten Ausstattung zu begleiten und zu kommentieren. Die KIM-Studie beschreibt, dass mittlerweile nahezu alle Haushalte mit Kindern über ein TV-Gerät, Internetzugang und PC verfügen. In 84% der Haushalte gibt es ein Smartphone, in 28% ein Tablet, wobei die Kinder nicht unbedingt auch unbegrenzten Zugang zu den Medien haben. Etwa ein Drittel (36%) der Kinder besitzt einen eigenen Fernseher; 32% ein Smartphone – diese Geräte sind eher im Besitz der Älteren und dann weniger Reglementierungen unterworfen. Gerade auf die Jüngeren haben die Eltern ein genaues Auge.

Die Reglementierungen beziehen sich sowohl auf eine zeitliche als auch inhaltliche Einschränkung; etwa drei Viertel der Eltern setzen hier Grenzen in Bezug auf PC-Spiele, die Internetnutzung und das Fernsehen. Weniger stark geregelt ist die PC-Nutzung generell sowie die Nutzung von Tablet und Smartphone. Wobei auffällt, dass sich Eltern in Bezug auf die Inhalte auf Smartphone und/oder Tablet weniger Gedanken machen als über die Dauer der Nutzung. Die wenigsten Eltern (nur 27%) nutzen technische Vorkehrungen für den Jugendmedienschutz; in erster Linie, weil sie keine Filterprogramme kennen.

77% der Kinder im Alter 6-13 Jahre nutzen zumindest selten das Internet – ein Wert, der sich im Vergleich zu 2014 quasi nicht verändert hat (damals waren es 76%). Gerade den Jüngeren wird das Internet noch nicht zugänglich gemacht; es gibt aber auch Kinder, die kein Interesse an Computern haben. Und im Gegensatz zu den Jugendlichen, die überwiegend mobil das Internet nutzen, sind Kinder hauptsächlich mit einem Laptop oder PC online (wobei hier auch der Trend Richtung mobile Nutzung geht).

Schaut man sich die Internetnutzer (62% aller Kinder) genauer an, so ist WhatsApp die am häufigsten . Hochgerechnet auf alle Kinder nutzen 25% von ihnen täglich diesen Messenger. Weiter genannt werden Suchmaschinen, YouTube-Videos und Facebook (10% aller Kinder). Aus Sicht des Jugendschutzes ist es sehr erfreulich, dass Kinder unter anderem die Kindersuchmaschine fragFINN zu ihren Lieblingswebsites zählen – sie kommt ganz nahe an den Wert von Google heran. YouTube hat in den letzten Jahren auch bei Kindern an Relevanz gewonnen, aber hier spaltet sich die Zielgruppe durchaus auf. 58% der Kinder (hochgerechnet auf alle) schauen nie YouTube-Inhalte im Netz. Und wenn man sich die Gruppe der Internetnutzer im Alter sechs bis 13 anschaut, so nutzen zwei Drittel von ihnen  Videoinhalte. Sie präferieren YouTube-Stars, Musikvideos und Comedy – TV-Inhalte spielen eine untergeordnete Rolle. Wahrscheinlich auch, weil sie nur in geringem Maße legal auf der Plattform vertreten sind.

Interessant ist auch, dass sich die Rangliste der liebsten Freizeitbeschäftigungen bei Kindern in den letzten Jahren bzw. Jahrzehnten (fast) nicht geändert hat. Auf den ersten drei Plätzen stehen immer noch Freunde treffen, draußen spielen und fernsehen; bei den Jungs wird das Fernsehen aktuell sogar noch von „Sport treiben“ überholt.

Weitere vertiefende Daten und Analysen finden sich im Berichtsband der KIM-Studie.

Über Birgit Guth

Birgit Guth ist seit 1995 Leiterin der Medienforschung bei SUPER RTL. In ihrer Verantwortung liegen die Konzeption und Durchführung zahlreicher Studien zum Kinderfreizeit-Verhalten sowie zur Fernseh- und Mediennutzung von Kindern. Außerdem verantwortet sie viele Fachtagungen zum Thema „Kinder und Medien“ und referiert bei Fortbildungen oder als Lehrbeauftragte. Von 2001 bis 2008 war sie zusätzlich als Jugendschutzbeauftragte bei SUPER RTL tätig und leitete das Qualitätsmanagement des Senders. Guth hat Kommunikationswissenschaften, Germanistik und Marketing in Essen studiert. Sie engagiert sich zudem in verschiedenen medienpädagogischen Projekten wie dem Erfurter Netcode, Ein Netz für Kinder, Media Smart und ist Mitglied im JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis. Außerdem ist sie Mitglied im Kuratorium der FSF. In ihrem Blog Kurzundguth schreibt sie über Daten und Kommentare zu Kindern, Medien, Fernsehen, Medienpädagogik und Jugendschutzthemen.